Wie geht es dir mit dem Frieden?

Wie geht es dir mit dem Frieden?

Es ist Krieg in Europa, 1500 km von meiner Haustür entfernt. 1500 Kilometer, eine Tagesreise mit dem PKW oder der Bahn. Noch nie fühlte sich Krieg so nah und gleichzeitig so bedrohlich an. Lange Zeit dachte ich, Krieg ginge mich nichts an. Das Ende des Zweiten Weltkriegs liegt schon fast 77 Jahre zurück. Was habe ich mit dem Krieg zu tun?

Mein Vater war im Krieg. Er wurde mit knappen 18 Jahren einberufen. Selbst als die Waffen ruhten und er mit den letzten Gefangenen wieder nachhause zurückkehrte, für ihn hörte der Krieg Zeit seines Lebens nie auf. Er führte ihn weiter, gegen seine Familie, aber am allermeisten gegen sich selbst. Gesprochen hat er darüber nie. Mein Erwachsenwerden war überschattet von lautem Schweigen; die Verzweiflung war allgegenwärtig. Doch keiner kannte die Gründe. Als Kind glaubte ich, ich sei der Grund, warum meine Eltern nicht glücklich sein konnten. Egal auf welcher Seite der Front, ein Krieg hat am Ende nur Opfer. Dazu zählen auch jene, die zu dieser Zeit noch nicht einmal geboren sind. Ich habe lange gebraucht, um überhaupt herauszufinden, warum sich meine Eltern so laut anschwiegen, warum ich stets das Gefühl hatte, ein undurchdringbarer Nebel habe sich in jeder Fuge unseres Hauses verkrochen und die Lebensenergie der Bewohner aufgesogen.  Noch länger brauchte ich, um zu akzeptieren und meinen eigenen Frieden zu finden. 

Und nun ist Krieg, 12 Autostunden von uns entfernt. Schockierende Bilder kursieren durch die Medien. Wobei, wenn wir ehrlich sind, es ist immer irgendwo Krieg auf diesem Erdball. Nur bei diesem Krieg sind wir Zaungäste, hautnah dabei (sofern wir es wollen). Die Nachrichten und Bilder rütteln an meinen Urängsten. Werden wir zurückka­ta­pul­tie­rt, in eine Zeit, in der mein Vater jung war?

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Inhaltsverzeichnis


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Was können wir für den Frieden tun?

(Und wie Schreiben dabei helfen kann ...)


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Die Angst annehmen

Meine Angst ist wie ein trotziges kleines Kind. Je mehr ich versuche, sie zu ignorieren, desto lauter wird sie. Also versuche ich sie anzunehmen. Am einfachsten gelingt mir dies schreibend indem ich in meinem Journal meine Ängste und Befürchtungen freien Lauf lasse. Hier bin ich frei von Reaktionen anderer (so gut sie auch gemeint sein wollen) und meine Befürchtungen dürfen lächerlich, übertrieben oder auch irrational sein. Vielleicht wird die Angst, wenn sie aufgeschrieben ist kleiner. Vielleicht löst sie sich auf oder ich erfahre mehr darüber, warum sie da ist. In jedem Fall beschränke ich meine Zeit des Schreibens auf maximal 10 Min. Ziel ist es, die Angst zu erkennen, sie anzusehen, sie zu bemerken und ihr auch mal zuzuhören, aber nicht sich von ihr aufsaugen zu lassen!


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Die Aufmerksamkeit lenken

Es bringt nichts, sich ständig nur mit der Angst und oder mit Dingen zu beschäftigen, die wir nicht beeinflussen können. So schrecklich die Bilder aus der Ukraine auch sind, es liegt nicht in unserer Macht, diesen Wahnsinn zu beenden. Also lenke ich meine Aufmerksamkeit auf Dinge, die ich beeinflussen kann. Das kann ich auch schreibend machen, indem ich zum Beispiel ganz bewusst ein Schreibthema auswähle oder einfach einmal schreibend meine Umgebung wahrnehme, um anzukommen und mich danach fokussieren zu können. 


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Die Vergangenheit loslassen

Das ist wohl einer der schwierigsten Kapitel und es geht nicht von heute auf morgen. Die Vergangenheit hinter sich lassen zu können, ist ein ein langer Prozess, der vermutlich nie zur Gänze abgeschlossen ist. Dennoch, nichts bedroht unseren Frieden mehr als ungelöste Konflikte, die wir mit uns herumtragen.

Ich habe meine Vergangenheit aufgeschrieben. Es hat mir geholfen, sie loszulassen. Ein Buch zu schreiben, das ist keine Universalempfehlung, denn um nochmals durch den Schmerz der Vergangenheit zu gehen, dazu musst du bereit sein. Wie auch immer, es muss ja kein Buch sein. Es reichen Texte, die du nur für dich schreibst und die dich ein Stück weitertragen in das Hier und Jetzt; Texte, die dich wachsen lassen. Einfach so geschrieben, ohne irgendetwas erzwingen zu wollen. Ich bin mir sicher, wenn du viel schreibst, werden diese Texte nicht lange auf sich warten lassen. 


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Zurück zum Tagesgeschäft

In Zeiten der Pandemie und im Hinblick auf das aktuelle Weltgeschehen: Wir haben alle ein hohes Maß an Sicherheitsgefühl eingebüßt. Nichts erscheint mehr wirklich planbar, schon gar nicht langfristig. Ich bin kein Routinemensch und ständig immer alles gleich zu machen zerrt an meinen Nerven. Da ruft das Abenteuer. Am liebsten erledige ich Dinge aus dem Bauch heraus, so wie ich mich gerade fühle. Dennoch brauche auch ich Routine, die mir Sicherheit zurückgibt, vor allem jetzt. Also, schaffe dir Fixpunkte, plane Rituale ein und werde dir deiner Routinen bewusst. 

Schreib-Tipp: Schreibe dir eine Liste mit deinen täglichen Ritualen. Denke dabei auch an Dinge, die du ganz automatisch tust.


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Dinge tun, die zufrieden machen

In "zufrieden" steckt "Frieden", weswegen ich das Wort gerne mag. Es ist nicht so himmelhochjauchzend wie Glück, aber beständiger. Es ist ein wohlig warmes Gefühl nahe an Geborgenheit. Dinge, die mich zufrieden machen, das sind ganz einfache Dinge, wie zB. Steine sammeln am Fluss, sich Zeit nehmen zum Kochen, ein Gedicht schreiben oder auch einen Workshop halten. Mein Schreibtipp für dich: Mache dir eine lange Liste mit Dingen, die dich zufrieden machen. Denke dabei auch - und vor allem - an kleine Dinge, die du dir rasch erfüllen kannst. Du kannst auch in meiner Liste "61 Dinge, die mich glücklich machen" schmökern und dir Ideen holen.


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Kreativ sein

Leider haben viele von uns schlechte Erfahrungen gemacht, als sie sich kreativ zeigten. Bilder oder Texte wurden schlecht beurteilt. Wir lernten, wie man - angeblich - zeichnet, malt, schreibt. Doch ein Bild zu malen, ganz intuitiv, kann sehr zufrieden machen. Die Krux: Man muss es nur wagen und den Verstand und den eigenen Erwartungen eine Pause gönnen. Das kann am Anfang schwierig sein. Im Übrigen finde ich den bildhaften Zugang zur Kreativität einfacher als den schreibenden, weil er ursprünglicher ist. Wir haben zuerst Kritzeln, Malen, Zeichnen gelernt und dann erst das Schreiben. Probiere es einfach mal aus, es gibt nichts zu verlieren außer vielleicht eine schöne Stunde, in der du ganz bei dir sein darfst.


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Können statt müssen

Kennst du den 501. Tipp, wie du bessere Texte schreibst. Oder den 110. Trick, für die schöne Haut. Oder den 777. Tipp, was du deiner Großmutter unbedingt zu Weihnachten schenken musst. Oder Tipp Nro 283, wie du dich in Krisenzeiten verhalten sollst.

Wer sich auf Social Media bewegt wird zugetippt mit allem nur erdenklich Möglichen. Neben dem Überforderungsgefühl (was denn noch alles) nagen diese Tipps an unserer Zufriedenheit. Geht es nicht besser? Bin ich gut genug? Wahnsinn, was die anderen (angeblich) alles schaffen! Doch wer bestimmt was richtig oder falsch ist? Wer setzt die Maßstäbe? Ratschläge und Tipps kannst du annehmen oder sie auch links liegen lassen. Nichts MUSS alles KANN. 

Schreibtipp 1: Wenn du dich dabei ertappst im Text "Ich muss" zu schreiben, probiere den Text nochmals zu schreiben und zwar mit "Ich kann ..." Wie fühlt sich das an? 

Schreibtipp 2: Mache dir eine 'F*ck it list'. Schreibe dir auf, auf was du getrost für immer oder für manchmal verzichten kannst. 


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Atmen und entspannen

Denn Kopf voller Ideen, die Finger tippbereit, meine Gedanken schneller als meine Finger, ach verflucht ... Kennst du das auch? 

Ich kann mich noch gut an jenen liebenswerten Kunden erinnern, der zu meinen chaotischen Auftritt und meine vermeintlich vergessenen Unterlagen nur meinte: "Wenn du es eilig hast, dann gehe langsam ..." Ich ging langsam zum Auto zurück und fand meine Unterlagen, die ich wohl auf den Beifahrersitz abgelegt und nicht in die Tasche gepackt hatte. Warum auch immer. Es wird stressig? ATMEN. Einfach nur durchatmen. Einmal, zweimal, dreimal ... Das hilft mir sehr. Mein Schreibtipp dazu: Schreibe dir ein Memo mit ATMEN.


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Das Schöne sehen

Trotz der schlechten Nachrichten, es gibt so viel Schönes, das ringsum uns passiert. Allerdings laufen wir viel zu oft daran vorbei. Bestimmt hast du schon von Dankbarkeitstagebüchern gehört. Das ist eine Form, täglich Dinge festzuhalten, die schön waren, für die man dankbar ist.  

Ich bin kein Fan des Dankbarkeitstagebuches, weil es impliziert: Du musst etwas Schönes sehen. Da wären wir wieder beim Müssen und nicht beim Können 😉. Ich finde, die Augen bewusst zu öffnen und hinzuschauen, was schön ist, genügt für das Erste. Das Schöne sehen kannst du üben. Versuche es einfach in alltäglichen Situationen, wie zB. in der U-Bahn oder im Supermarkt. Konzentriere dich darauf, die 'Schönheit' zu entdecken. Wenn es dir nicht gelingen sollte, schreib einfach darüber. Im Übrigen bin ich davon überzeugt,  Schönheit liegt im Auge des Betrachters. 

Schreibtipp: Denke schreibend darüber nach, was in diesem Augenblick schön ist. Du kannst 'schön' auch durch ein anderes positiv besetztes Adjektiv ersetzen, wie zB. wertvoll, lustig, inspirierend ...


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Das große UND

UND ist mein Lieblingswort. Ein Wort, das meiner Seele streichelt. 'UND' gibt Raum und lässt zwei oder mehrere Wahrheiten gleichrangig stehen. Niemand hat recht, niemand führt Krieg, beides darf sein - nebeneinander. Deine Wahrheit und meine Wahrheit. Die Wahrheit meiner Eltern und meine Wahrheit. 'UND' verlangt kein großes Verzeihen sondern Akzeptanz.

Krieg in der Ukraine und business as usual. Angst haben und weitergehen. Innehalten und das Schöne sehen. Behalten und loslassen. 

Schreibtipp: Wenn du bereit bist, mache dir eine UND Liste. Was darf in deinem Leben alles nebeneinander Platz haben? Ein ODER drängt sich auf? Spüre hin, wie sich dieses ODER als UND anfühlt. Schreibe es auf. Vielleicht braucht es noch Zeit und es hat im Moment auch nur ein Teil der beiden Pole Platz, ein erster Schritt. Auch das ist okay! Probiere dich schreibend aus. Welches UND fühlt sich gut an?


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Fazit

Was können wir für den Frieden tun? Kurz, knapp und vielleicht ein wenig pathetisch: Wir können (nur) darauf achten, dass wir in Frieden mit uns selbst leben und uns gegenseitig akzeptieren, so unterschiedlich wir auch sein mögen. Was ist deine Meinung dazu? Hinterlasse mir gerne ein Kommentar.

Wann auch immer du Bereit bist für den nächsten Schritt:

Einladung zum Schreiben

MO, 09. MAI 2022 19:00 - 20:00 | Schreibinar zum Thema Aufbruch
FR, 13. MAI 2022 08:00 -08:30 | Morgenseiten schreiben (kostenlos)
FR,  13. MAI 2022 10:00 - 13:00 | Kreativ- und Ideenworkshop: Kick-off für dein Projekt (online)
MO, 16. MAI 2022 19:00 - 20:00 | Schreibinar zum Thema Veränderung
MI, 18. MAI 2022 18:00 - 21:00 | Schreibzone - Schreib- & Feedbackgruppe
FR , 20. MAI 2022 08:00 -08:30 | Morgenseiten schreiben (kostenlos)
MI, 25. MAI 2022 18:00 - 19:30 | Kreatives Schreiben mit Tiefgang: 'Fabulous' - Das Tier in uns
MO, 30. MAI 2022 19:00 - 20:00 | Schreibinar mit dem Thema Horizonte

Abenteuer-Retreat Eisbaden & Schreiben
24. - 25. Juni 2022 im Naturparadies Weitental
>> Entfache das Feuer für dein Abenteuer >>

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2 Kommentare

  • Ein ganz wunderbarer Text, liebe Rosa, den ich sehr hilfreich finde und gerne weiterempfehle. Danke für diese schönen Impulse!
  • Vielen Dank, Nicole.

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